und einiges zu unseren Defiziten
In den letzten Tagen habe ich mich einem Aufsatz gewidmet, in dem es um den eigenen emotionalen Rucksack geht. Ich veröffentliche den fertigen Text nun hier auf meinem Blog.
Das Foto des Beitrags habe ich am 07.11.2011 am Eingang des Gioieni-Parks in Catania gemacht. Der Clown, der normalerweise Freude und Heiterkeit darstellt, wirkt hier traurig und symbolisiert für mich jemanden, der einen schweren Rucksack zu tragen hat.
Ich muss noch beifügen, dass ich ich zwei sehr lange Listen in den Text eingefügt habe. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, weil es mir wichtig ist, zu zeigen, wie vielfältig sich Probleme mit dem „schweren Rucksack“ zeigen.
Der Weg zur inneren Balance
Die Redensart „Jeder hat seinen Rucksack (sein Bürdeli) zu tragen“ bedeutet, dass jeder von uns negative Erlebnisse, Erfahrungen und Erinnerungen mit sich trägt. Manchmal sind diese so schlimm, dass sie zu tiefen seelischen Verletzungen oder gar zu psychischen Traumata führen. Leider erlebt niemand nur Schönes, Leichtes und Angenehmes.
Nun ist es so, dass Menschen ganz unterschiedlich mit dem psychophysischen Stress umgehen, den ihnen diese Belastungen bereiten. Das liegt daran, dass sich im Rucksack nicht nur die genannten Belastungen befinden, sondern auch subjektiv empfundene persönliche Mängel. Diese sind ebenfalls drückend, ob sie einem bewusst sind oder nicht. Zudem sind sie äusserst vielfältig. Als Beispiele seien der Mangel an Gesundheit, an Selbstwert, an finanzieller Sicherheit oder an politischer Mitbestimmung erwähnt.
Die Defizite sind, wie die Beispiele zeigen, physischer oder psychischer Art, sie können aber auch sozial und durch äussere Umstände wie ökonomische oder gesellschaftliche Bedingungen gegeben sein.
Defizite führen immer zu ungelösten inneren Spannungen, da sie unsere individuellen Schwachstellen und unerfüllten Bedürfnisse repräsentieren. Wie jede andere Spannung drängt auch eine psychische - ob bewusst oder unbewusst - nach Entspannung, beziehungsweise danach, den oft unbemerkten oder unterschwelligen psychischen Stress, der damit einhergeht, abzubauen. Entweder begegnen wir ihm, indem wir uns der Herausforderung stellen, oder wir greifen auf Verdrängung und schädliche Bewältigungsstrategien zurück. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf unser alltägliches Handeln, sondern auch darauf, wie wir mit unseren negativen Erlebnissen, Erfahrungen und Erinnerungen umgehen.
Obwohl diese Defizite nichts mit persönlichem Versagen zu tun haben und weder Fehler noch Unzulänglichkeiten sind, sondern Ergebnisse unserer individuellen Geschichte und der Einwirkungen unseres Umfelds, beeinflussen sie massgeblich unser inneres Erleben und unsere äussere Realität.
Die Mängel werden entweder als persönliche Herausforderung gesehen, als vom Schicksal auferlegte Mühsal oder Pein - oder sie werden gar nicht wahrgenommen und bleiben unbewusst.
Sie führen entweder zu Entlastung und Abbau von Stress oder zu negativen Gefühlen wie Wut, Frust, Enttäuschung, Selbstbemitleidung, Verstimmung, Ärger und Stress.
Menschen, die Belastungen als Herausforderung sehen und daran wachsen wollen, setzen oft auf Selbstreflexion und auf eine sinn- und zielorientierte Lebensphilosophie, die ihre innere Balance stärkt. Sie nutzen ihre Defizite als Anstoss für persönliches Wachstum und arbeiten daran, sie zu überwinden - oder sie zu akzeptieren, wenn Veränderung nicht möglich ist.
Das Problem bei Menschen, die Belastungen nicht als Herausforderung sehen oder sehen können, ist, dass sie ihren Defiziten nicht konstruktiv, sondern nur destruktiv begegnen. Die Mankos werden nicht wahrgenommen oder verdrängt, es wird schädlich kompensiert oder sublimiert.
Ihre Bewältigungsmechanismen bringen zwar kurzfristige Entlastung, langfristig aber sind sie schädlich. Dazu zählen unter anderen folgende Verhaltensweisen, Denkmuster und Gewohnheiten:
- Machtstreben
- das Schaffen von Feindbildern
- Prokrastinieren
- Perfektionismus
- übermässiges Kontrollverhalten
- übertriebene Selbstinszenierung
- ständiges Fokussieren auf Negatives
- Aggression
- Abhängigkeiten (digitale Kontakte, Alkohol )
- Feindseligkeit
- Mangel an Entscheidungskompetenz
- Drogenkonsum
- abwegige Überzeugungen
- selbstschädigendes Verhalten
- soziale oder emotionale Isolation
- Rückzug in Fantasiewelten
- Schönreden
- übermässige Ablenkung
- Zwangshandlungen
Solche Strategien können zwar im Moment die negativen Gefühle lindern, doch weil die Ursachen der Mängel oft unveränderlich sind, bleibt ihre Wirkung bestehen. Stattdessen müssen die Defizite bewusst und so verarbeitet werden, dass sie keine negativen Auswirkungen mehr haben. Andernfalls kann chronischer Stress entstehen, der zu den folgenden schwerwiegenden physischen und psychischen Problemen führen kann:
- Schlaf- und Konzentrationsprobleme
- körperliche Verspannungen
- körperliche Beschwerden
- Erschöpfung
- Antriebslosigkeit
- Angstzustände
- Appetitveränderungen
- Gedankenrasen
- Stimmungsschwankungen
- allgemeine Reizbarkeit
- Identitätskrisen
- Gefühle der Leere und der Sinnlosigkeit etc.
Menschen die solche Symptome oder gar bestimmte Krankheiten haben, sollten sich bewusst sein, dass dies psychophysische Alarmglocken sind, die vielleicht auf unverarbeitete Defizite hinweisen und somit auch auf negative Bewältigungsstrategien.
Zusammenfassend sei gesagt, dass die Defizite, die durch Gene, Sozialisation, Erziehung und Umwelt gegeben und miteinander verflochten sind, entscheidend beeinflussen, wie wir denken, fühlen und handeln und wie wir mit negativen Erlebnissen, Erfahrungen und Erinnerungen umgehen.
Nur, wer sich aktiv mit seinem "Rucksack" auseinandersetzt, kann mit der Zeit einen leichteren bekommen. Somit kann die innere Balance zu einem Weg und Zufriedenheit zum Ziel werden.
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