ein trügerisches Konstrukt
Ich bezeichne unseren Selbstwert, der auf der Rolle basiert, die wir spielen, und nicht auf dem, was wir wirklich sind, als Fake-Selbstwert.
Ein solcher entsteht, wenn wir versuchen, unsere Unsicherheiten und Schwächen hinter einer Fassade zu verbergen. Anstatt unsere Lebenssituation anzunehmen und uns selbst mit all unseren Stärken und Schwächen zu akzeptieren, versuchen wir, unser instabiles Selbstbild durch die Übernahme bestimmter Rollen zu stabilisieren.
So sind es beispielsweise die Rollen des Opfers, des Helfers, des Überlegenen oder Machers oder des Perfektionisten, die unseren Selbstwert stärken sollen. Oft nehmen wir sogar mehrere und sich scheinbar ausschliessende Rollen gleichzeitig ein, so beispielsweise die des Opfers und des Überlegenen. Die übernommenen Rollen lassen das mit unserem Selbstwert verbundene Selbstbild nach aussen stark und stabil wirken. Es bleibt aber innerlich brüchig und anfällig, was sich ausschliesslich in einer ablehnenden Haltung - gegenüber bestimmten Situationen, Menschen und vor allem gegenüber sich selbst - ausdrückt.
Die Aufrechterhaltung eines solchen Fake-Selbstwerts erfordert enorme Anstrengungen. Ständig müssen wir unsere Schwächen kaschieren, Unsicherheiten überdecken und Bestätigungen von aussen suchen - sei es durch exzessives Kontrollieren von Situationen, das Streben nach Perfektion oder die Anpassung an Personen und Gruppen, die unser Weltbild bestätigen und uns Zugehörigkeit vermitteln.
Ein Fake-Selbstwert ist nicht nur für uns selbst belastend, sondern wirkt sich auch auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen aus. Echte Nähe und Authentizität werden schwer möglich. Dieser Zustand kann zu einem Teufelskreis führen: Je mehr Unsicherheiten wir verbergen, desto grösser wird die Kluft zwischen dem äusseren Bild und unserem inneren Selbst.
Nun ist es aber zu einfach zu sagen, dass Menschen mit authentischem Selbstwert echte, tiefe Verbindungen haben, während Personen mit Fake-Selbstwert nur oberflächliche oder manipulative Beziehungen führen können. Jeder von uns ist ein vielschichtiges Wesen, und in der Regel sind wir in bestimmten Bereichen unseres Lebens authentisch, während wir in anderen Rollen einnehmen, um dortige Unsicherheiten zu kompensieren.
Letztlich kann die Herausforderung nur darin bestehen, uns besser kennenzulernen und die Rollen, die wir spielen, zu erkennen. Indem wir die Masken abnehmen, die bestimmte Rollen uns aufzwingen, können wir lernen, uns mit Verständnis und Geduld zu begegnen. Dadurch entsteht die Chance, auch an anderen echtes Interesse zu zeigen und zu empfinden, ohne uns durch deren Meinung oder gar Erfolg bedroht zu fühlen.
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