Samstag, 26. Juli 2025

Fundstück #78

ein Wandfresko


Heute vor genau 13 Jahren besuchten wir die Kirche "San Lorenzo" in Gatteo Terra.

Dazu mein Blog-Beitrag zum 26. Juli 2012.

In der Kirche zündete ich eine Kerze an und fotografierte ich dieses verwitterte Fresko.




Das Fresko wirkt beinahe gespenstisch - nicht zuletzt durch das Jesuskind, das wie in vielen alten Darstellungen unproportioniert erscheint. Zwei abgeplatzte Stellen über dem Kopf des Kindes wirken wie kleine Hörnchen - ein ungewollter Effekt, der uns das göttliche Kind als kleines Teufelchen erscheinen lässt.
Vielleicht ist gerade diese ungewollte und der Verwitterung geschuldete Verfremdung ein Teil der Faszination, die von der Darstellung ausgeht. Das Bild ist nicht fern und entrückt, sondern seltsam nah und sehr menschlich.

"Mater Boni Consilii" - die Inschrift, die am unteren Rand des Freskos zu finden ist -
 ist ein Marientitel in der katholischen Kirche, der besonders in Italien verbreitet ist.


Ikonographien mit diesem Titel beziehen sich oft auf das berühmte Fresko der "Madonna del Buon Consiglio" in der Basilika von Genazzano (in der Nähe von Rom). Die Legende besagt, dass das dortige Fresko während der Türkeninvasion im 15. Jahrhundert aus Shkodra (Albanien) über das Adriatische Meer nach Genazzano "übertragen" wurde. Das Bild selbst und die Kirche, die es fortan beherbergte, wurden zum Pilgerziel und Wallfahrtsort. In vielen Kirchen entstanden daraufhin Fresken, die an dieses Wunder erinnern sollten.

Typische Merkmale solcher Darstellungen waren die Muttergottes mit einem grossen Umhang und das Jesuskind, das sich schützend an sie lehnte. Oft hatten beide Figuren Heiligenscheine und erscheinen in stiller, aber vertrauter Kommunikation.

Ob das Bild in Gatteo auch das Wunder von Genazzano würdigt oder einfach in eine alte Bildtradition gehört, weiss ich nicht.
Doch ist es wirklich wichtig, das zu wissen?
Sind es nicht andere Aspekte, die beim Betrachten eines Kunstwerks wichtig werden?


Auf mich übt diese verblassende Szene - auch Jahre später und "nur" auf dem Foto - immer noch eine besondere Wirkung aus. Einerseits erzählt es von der Vergänglichkeit - in bröckelndem Putz, verblasster Farbe und veralteter Technik. Andererseits zeigt es durch sein Sujet und dessen Symbolik, dass es Dinge gibt, die unvergänglich sind.

Barbara


PS:


Papst Leo XIV besuchte zwei Tage nach seinem Amtsantritt im Mai 2025 genau diesen Wallfahrtsort in Genazzano. Offenbar bedeutet auch ihm eine "Madonna del Buon Consiglio" sehr viel.