Montag, 29. Juli 2024

Satzspur

Satzspur

Manfredonia, 16.03.2010

Ich habe mir die Aufgabe gestellt, aus einem Satzfragment, das mir Anita von Antetanni vorgibt, einen Satz zu formulieren und zu diesem Satz ein Foto aus meinem Fundus hervorzukramen.


Heute geht es um:

Im Kino ______________

Im Kino war ich schon seit Jahrzehnten nicht mehr.

Ich könnte die Filme, die ich im Kino gesehen habe, an einer Hand abzählen. Ich war nie ein Fan von Kinos. Es ist nicht so, dass ich Filme nicht mag; ich ziehe es einfach vor, sie nicht gemeinsam mit vielen anderen zu schauen. Das Home-Kino, also unsere Stube mit dem TV-Gerät, ist mein bevorzugter Ort für Filmnachmittage oder -abende.

Den letzten Film, den ich im Heimkino schaute, war "Balzac und die kleine chinesische Schneiderin" als YouTube-Video. Die Qualität war nicht hervorragend, aber der Film (2002), der auf dem gleichnamigen Buch (2000) von Dai Sijie basiert, gefiel mir sehr gut. Das kam wahrscheinlich, weil der Autor des Buches zugleich der Drehbuchautor und Regisseur des Filmes war.

"Balzac und die kleine chinesische Schneiderin" erzählt die Geschichte zweier junger Männer, die während der Kulturrevolution in China in ein abgelegenes Bergdorf geschickt werden, um "umerzogen" zu werden. Dort treffen sie auf die Tochter eines lokalen Schneiders. Sie beginnen, ihr aus westlichen Romanen, die sie gestohlen haben, vorzulesen. Diese literarischen Abenteuer öffnen ihnen allen neue Perspektiven und führen zu tiefgreifenden Veränderungen in ihrem Leben.



PS: Weitere Beiträge des Tages


Link-Hüpfer

Oft sind es die eigenen Erfahrungen, die zu Veränderungen im eigenen Leben oder zu einem neuen Blickwinkel auf die Dinge führen. Man darf jedoch nicht vergessen, dass auch die Erfahrungen anderer Menschen - wurden diese in der realen Welt oder fiktiv in Büchern und Filmen gemacht - uns zu einem anderen Denken und Handeln inspirieren können. 

Das Thema dieser  "Satzspur" handelte auch von der grossen Bedeutung der Literatur.


Die Vegetarierin

Ich habe das Buch "Die Vegetarierin" von Han Kang bestellt, weil mich interessierte, was sich genau hinter dem Titel verbirgt. Ausserdem war ich gespannt, wie mir mein erstes Buch einer koreanischen Schriftstellerin gefallen würde. Ich las das Buch in der Beitrags-Woche zweimal. Ich fand es fesselnd und vielschichtig, gerade wegen der Teile, die für mich überraschend, unangenehm und abstossend waren.

Das zentrale Thema des Buches war für mich weniger der Veganismus, wie der Titel vielleicht irrtümlich vermuten lässt, sondern vielmehr die Erfahrung von physischer und psychischer Gewalt und die Unmöglichkeit, die Gewaltspirale zu durchbrechen. Das Buch beschreibt den Versuch einer jungen Frau, kein Tier mehr sein zu wollen, um dem Kreislauf von Gewalt und Kontrolle zu entkommen. Indem sie zuerst Veganerin wird und dann gänzlich auf Nahrung verzichtet, möchte sie dieses Ziel erreichen.

Doch es ist genau dieses Bedürfnis nach einer Existenz, die frei ist von Gewalt und Destruktion, das auf Widerstand stösst und zu weiteren gewalttätigen Übergriffen führt. Die Frage, die man sich beim Lesen unweigerlich stellt, ist die, ob es Ernährungsumstellung und Änderung der Lebensgewohnheiten  waren, die die junge Frau Yong Hye so sehr verändert haben und in die Schizophrenie und Magersucht abdriften liessen oder ob es nicht ihre Umwelt war, insbesondere ihr Vater, ihr Mann und ihr Schwager.

Dass ich eher Letzteres annehme, heisst nicht, dass das Buch auf eine Anklage gegen das Patriarchat oder die koreanische Fleischessergesellschaft reduziert werden darf.

Es ist ein vielschichtiges Buch, das einen zum Nachdenken über Macht und Kontrolle, Verweigerung und Erlösung,  Gewaltlosigkeit und Mitgefühl, über Wahnsinn und Rebellion,  Selbstzerstörung und Grenzen anregt.
Das Buch ist kein Plädoyer für den Veganismus. Und doch ist es eines. Es geht letztlich nämlich um die Frage, was es heisst, ein Mensch zu sein.

Balzac und die kleine chinesische Schneiderin

Letzte Woche habe ich das Buch "Balzac und die kleine chinesische Schneiderin" gelesen. Es erzählt die Geschichte zweier junger Männer, die während der Kulturrevolution in China in ein abgelegenes Bergdorf geschickt werden, um "umerzogen" zu werden. Dort treffen sie auf die Tochter eines lokalen Schneiders. Sie beginnen, ihr aus westlichen Romanen, die sie gestohlen haben, vorzulesen. Diese literarischen Abenteuer öffnen ihnen allen neue Perspektiven und führen zu tiefgreifenden Veränderungen in ihrem Leben.

Das Buch ist einerseits eine kritische Auseinandersetzung mit der Kulturrevolution, die darauf abzielte, die geistige Elite Chinas mundtot zu machen. Sie ist aber auch eine Hommage an die Literatur, die unabdingbar ist für das eigene Denken und Handeln sowie für die persönliche Entwicklung.

Nicht zuletzt zeigt das Buch, dass Bildung ein Mittel der Emanzipation und persönlichen Entwicklung sein kann. Luo, der in die kleine, ungebildete Schneiderin verliebt war, eröffnete ihr den Zugang zu Bildung, indem er ihr aus verschiedensten Büchern vorlas. Obwohl der junge Mann die Veränderung initiierte, war es letztlich das Mädchen selbst, das sich aus eigenem Antrieb weiterentwickeln und verändern wollte. Dieser Wille, und nicht Luos Wunsch, sein Mädchen zu verändern, machte die kleine Schneiderin zu einer selbstbewussten Persönlichkeit, die ihre eigenen Träume verwirklichen und ein selbstbestimmtes Leben führen wollte.


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