Mein zehnjähriges DIY-Gedicht
Heute vor genau 10 Jahren, am 4. Dezember 2012 also, schrieb ich das Gedicht "Fahrt ins Blaue", in der ich die letzte Reise eines Schweins aus seiner Perspektive schildere.
Einleitung
Die Autobahnstrecke Chiasso-Bologna ist uns sehr vertraut. Unzählige Male sind wir sie gefahren. Wir wissen genau, wo die Barilla-Fabrik steht, wann dieses oder jenes Pavesi kommt, und wir sind jeweils gespannt, wie viel Wasser der Po führt.
Wir freuen uns immer wieder am Nähern und Entfernen des Apennins, an Kirchtürmen und Weilern, uns gefallen die endlosen Felder der Romagna und die weiten Ebenen der Emilia.
Weniger erfreuen uns die zahlreichen Schweinetransporte. Schweine nach Süden, Schweine nach Norden. Von hier nach da und von da nach dort. Schrecklich.
Fahrt ins Blaue
Vorbeiziehende Landschaften
weite Ebenen, sanfte Hügelketten
mäandrierende Flüsse
Städte und Dörfer
Weiler und Höfe
die Bäume bereits das Winterkleid tragend
schneebedeckte Bergspitzen
hinten am Horizont.
Ganz neu die Eindrücke
abwechslungsreich voller Variationen
Die Welt draussen
so mannigfaltig
so bunt und heiter.
Überholende Fahrzeuge
Personenwagen
Transporter
Lastwagen mit Planen
und Lastwagen wie unserer
vergittert
eine Duftfahne von Körpersekreten
hinter sich herziehend.
Grausig, gräulich,
das bisherige Dasein
zu Hunderten eingeschlossen und eingepfercht
in Mästereien
Verliesen und Löchern gleich
zur Starre, Siechtum und Blödsinnigkeit verdammt
bis zum Bersten gemästet
zur Ware verkommen
der Würde beraubt.
Und die heutige Fahrt?
Eine Fahrt in ein neues Leben?
In ein würdiges und schweinerechtes Leben?
Ein letztes Mal eingesperrt?
Ein Ende der Marter, der Höllenqual,
der Folter, Pein und Tortur?
Der Lastwagen hält an
vor uns
ein Gebäude in Blau
Leuchtbuchstaben zieren die Wand:
GROSSMETZGEREI
Barbara