meine persönliche Reflexion zu einem vielschichtigen Thema
In meinem heutigen Beitrag widme ich mich dem Thema "Reisen", wobei ich darunter Auszeiten verstehe, die über einen einzelnen Tag hinausgehen und meist mit Übernachtung, Ortswechsel und einer bewussten Unterbrechung des Alltags verbunden sind.
Ich gehe von bestimmten Bedürfnissen aus, die der Mensch hat, komme dann auf die Frage, wie diese auch ohne Reisen gestillt werden können, und ende mit einer persönlichen Liste von Alternativen und einem Schlusswort.
Was bleibt, wenn das Reisen wegfällt?
Der Mensch hat ausser den Grundbedürfnissen auch soziale, kulturelle und intellektuelle Bedürfnisse, die er seit jeher ganz unterschiedlich befriedigt. Früher dienten kulturelle Gepflogenheiten wie das Feiern traditioneller Feste, das bewusste Begehen des Sonntags, das Pflegen von Bräuchen oder das gemeinsame Vorbereiten saisonaler Rituale im Jahreslauf dazu, der Regelmässigkeit zu entfliehen und Vorfreude zu erfahren. Heute übernimmt das Reisen zunehmend diese Funktion - sofern einem die finanziellen und mobilitätsbedingten Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Beides aber - Reisen und kulturelle Gepflogenheiten - dienen demselben Ziel: Sie ermöglichen ein Aussteigen aus der Routine, schenken Inspiration und eröffnen neue Perspektiven auf das eigene Selbst.
Konkret lassen sich - ausser dem Entkommen aus der Routine - durch Reisen auch noch ganz andere Bedürfnisse stillen: Abwechslung, Erholung, Wissenserwerb, Sinn, Freiheit, soziale Kontakte, Abenteuer, ästhetisches Erleben, Identifikation und Selbstbestätigung.
Doch was, wenn das Reisen wegfällt - sei es aus finanziellen Gründen, altersbedingt oder weil es sich wegen Massentourismus nicht mehr richtig anfühlt?
Dann stellt sich die Frage: Kann man diese Bedürfnisse auch anders befriedigen? Und wenn ja: Wie?
Ich habe versucht, dazu eine Liste mit alternativen Möglichkeiten zu machen. Sie richtet sich vor allem an Menschen, die nicht mehr im Erwerbsleben stehen - lässt sich aber sicher auch auf Berufstätige übertragen.
Dem Alltag entfliehen
→ Sich im Jahreslauf bewusst kleine Feiertage setzen - unabhängig von Geburtstagen oder traditionellen Anlässen.
Abwechslung
→ Regelmässig etwas tun, das neu ist oder das man schon länger nicht mehr gemacht hat - aber nicht so oft, dass es alltäglich wird. Denn was der Abwechslung dient, verliert seinen Zauber, wenn es zur Gewohnheit wird.
Erholung
→ Möglichst verhindern, dass Erholung überhaupt nötig wird
Neues Wissen
→ sich "für Gott und die Welt" interessieren...
Sinnsuche
→ Reflexion, Selbstreflexion, Nachdenken über Kultur, Gesellschaft und Politik
Freiheit
→ Darüber reflektieren, ob man Freiheit nicht durch selbstbestimmten und bewussten Verzicht erlangt
Soziale Kontakte
→ Jeder soziale Kontakt ist wertvoll - egal, wo und in welchem Rahmen er stattfindet
Ästhetisches Erleben
→ Sich dem "heimischen" Schönen zuwenden -der Kunst, der Natur, der Sprache, dem eigenen Zuhause...
Abenteuerlust
→ Einsehen, dass Abenteuer auch im Kopf stattfinden können - und echte Abenteuer oft erzählt werden.
Identifikation und Selbstbestätigung
→ Sich vom Status- und Prestigedenken befreien, eigene Interessen erkennen und sich von dem verabschieden, was Gesellschaft, Wirtschaft oder Mode vorgeben.
Meine Liste ist bestimmt nicht vollständig - und ohne Zweifel gibt es auch andere Wege, bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen.
Ich habe einfach einmal versucht, die Frage zu beantworten, ob da wirklich nichts mehr ist, wenn das Reisen wegfällt.
Erstaunlicherweise habe ich dabei festgestellt, dass da viel mehr sein kann, als man vielleicht im ersten Moment denkt.
Das war zum einen überraschend - zum anderen aber beruhigend, ermutigend und sogar inspirierend.
Barbara