Dienstag, 17. Juni 2025

Wenn Gleichberechtigung kippt

mein Essay zu einem SRF-Beitrag


In einem SRF-Interview zur Geschlechtergerechtigkeit erklärt die Psychologin Christa Nater, dass mehr Gleichberechtigung nicht automatisch zu weniger Rollenklischees führt - eine Erkenntnis, die erstaunt, aber durch eine Studie eindrücklich belegt wird.

Auch in Ländern wie der Schweiz oder Schweden, wo die Gleichberechtigung weit fortgeschritten ist, bestehen geschlechterspezifische Rollenklischees weiter - und diese sogar verstärkt.

Die unerwartete Tatsache lässt einen schlussfolgern, dass ein Zuwenig an Gleichberechtigung die Freiheit, Zufriedenheit und Lebensqualität der Frauen einschränkt, ein Zuviel jene der Männer.
Es gilt also, den Moment zu erkennen, wo das Streben nach Emanzipation ins Gegenteil kippt.




Das Ziel der Emanzipation - Ursachen für Verunsicherung, Diskriminierung, Benachteiligung oder Abwertung zu überwinden - darf nicht dazu führen, Unterschiede pauschal zu verurteilen. Die positiven wie negativen Aspekte geschlechtlicher Verschiedenheit verdienen eine differenziertere Betrachtung. Gleichberechtigung soll das Einschränkende, Abwertende und Unfaire zurückdrängen und das Verbindende, Identitätsstiftende und Respektvolle stärken.

Gleichberechtigung bedeutet nicht Gleichmacherei, sondern die Freiheit, Verschiedenheit in gegenseitigem Respekt zu leben.

Barbara


PS: Das Foto des Beitrages habe ich im Castello in Assisi am 29. Mai 2015 gemacht.