Freitag, 20. Juni 2025

Wohlbefinden à la Japan

9 Impulse aus einem YouTube-Video


Gestern habe ich ein Video des YouTubers Samurai Matcha angeschaut. Es hat mich mit neun japanischen Gesundheitsgeheimnissen bekannt gemacht. Diese haben mir auf eindrückliche Weise gezeigt, worauf Wohlbefinden gründen kann - und dass es dabei eher ums Bemerken von dem geht, was schon an Positivem da ist, statt ums Jagen nach etwas, was vielleicht nie da sein wird.

Meine persönliche Zusammenfassung:

1. Nach Tiefe streben - nicht nach Höhe
→ Statt Erfolgen hinterherzujagen, lohnt es sich, ganz bei dem zu sein, was man gerade tut. Tiefe entsteht durch Aufmerksamkeit und kleine Fortschritte sind oft die kostbarsten.

2. Sein persönliches Ikigai finden
→ Ikigai ist der Sinn, der sich im Alltäglichen verbirgt. Vielleicht ist es das Schreiben, der Garten oder der Morgenkaffee – etwas, das dem Tag leise Bedeutung schenkt.

3. Den Oshi finden
→ Ein Oshi ist eine reale oder fiktive Person, die durch Bewunderung, Identifikation oder stille Begleitung eine besondere Bedeutung im eigenen Leben bekommt. Es geht nicht um persönliche Nähe oder romantische Liebe, sondern um eine seelische Verbindung. Ein Oshi inspiriert, stärkt, tröstet, einfach, weil er da ist.
Man kann durchwegs mehrere Oshis haben: einen, der einem zum Lächeln bringt, einen, der einem das Herz öffnet, oder einen, der Kraft, Ordnung und Richtung gibt.

4. Ein Bad nehmen 
→ Sich bewusst Zeit nehmen für ein Ritual der Reinigung und gleichzeitig der Entspannung. In Japan ist das tägliche Bad mehr als Körperpflege. Es ist ein Innehalten, ein Loslassen. Auch ohne Badewanne lässt sich dieser Gedanke leben: mit einer wohltuenden Dusche oder einem gründlichen, achtsamen Ganzkörperwaschen - so, wie man es früher gemacht hat, mit Schüssel, Lappen und Zeit. Es geht um mehr als Sauberkeit, um Pflege für Körper und Seele.

5. Ein Geheimnis für sich behalten
→ In einer Zeit, in der fast alles öffentlich gemacht wird - Erfolge, Gefühle, Mahlzeiten - kann es kraftvoll sein, etwas nur für sich zu behalten. Es muss nichts Verbotenes sein - im Gegenteil: Es kann ein kreatives Projekt, eine Leidenschaft oder ein Teil der Persönlichkeit sein, den man nicht ins Rampenlicht stellen will.


6. Essen teilen

→ Gemeinsames Essen verbindet. Wer teilt, schenkt mehr als Nahrung - nämlich Nähe, Wertschätzung und ein Gefühl von Geborgenheit.

7. Wabi Sabi entdecken
→ Wabi Sabi ist ein ästhetisches und philosophisches Konzept, das die Schönheit des Unvollkommenen, Vergänglichen und Schlichten würdigt. Ein verwittertes Stück Holz, eine rissige Teeschale, ein unperfekter Moment - alles kann schön sein, wenn wir aufhören, Perfektion zu erwarten.




8. Loslassen
→ Wer loslässt, schafft Raum für neue Perspektiven. Es geht nicht ums Aufgeben, sondern darum, Überholtes, nicht mehr Passendes, Belastendes, alte Gedankenmuster oder bestimmte Erwartungen bewusst hinter sich zu lassen.

9. Routinen als Kunst begreifen
→ Wiederholung muss nicht langweilig sein. Wenn wir alltägliche Handlungen mit Freude tun, verwandeln sie sich in kleine Kunstwerke - ob Toilettenputzen, Mittagessenzubereiten,  Journalschreiben oder Stricken.


Die meisten dieser "Geheimnisse" sind mir eigentlich vertraut. Ich kenne sie aus einer Zeit, bevor uns der Zeitgeist des Spätkapitalismus von unseren eigenen kulturellen Wurzeln, unserer Geschichte und einer lebensnahen, respektvollen Haltung zum Dasein so sehr entfernt hatte. Dass sich heute so viele dem „höher, schneller, weiter“ verschrieben haben, liegt also nicht unbedingt an uns - wir sind den Japanern wahrscheinlich näher, als wir denken -, sondern an einem überhöht modernen Selbstverständnis, das uns entfremdet hat von dem, was Generationen vor uns in Sachen Wohlbefinden intuitiv richtig gelebt haben.

Diese Entwicklung wird wohl ohne Zweifel auch in Japan spürbar sein - doch irgendwie scheint es mir, als habe man dort Wege gefunden, ihr ein wenig mehr die Stirn zu bieten als bei uns.

Barbara